Die Mapuche-Sammlungen im Ethnologischen Museum: (Be)Deutungen der Sammlungen in der Gegenwart

Folgende Themen gehören zu diesem Projekt

  • Tradiertes Wissen
  • Sammlungsforschung
  • Provenienzforschung
  • Gemeinschaftsbeteiligung

Im Ethnologischen Museum befinden sich Sammlungen des Indigenen Volks der Mapuche, größtenteils aus dem heutigen Chile. In einem Kooperationsprojekt mit Vertreter*innen der Mapuche sollen nun die Bedeutungen der Sammlungen in der Gegenwart erfasst werden.

Mapuche Projektpartner*innen bei der Arbeit in der Sammlung des Ethnologischen Museums im Mai 2025.
Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum und Museum für Asiatische Kunst / Carolina Bayer

Eine gewaltvolle Geschichte

Im 19. Jahrhundert eroberten chilenische und argentinische Truppen im Auftrag ihrer Regierungen brutal das Gebiet der Mapuche. Zudem warb der chilenische Staat europäische, insbesondere deutsche Siedler*innen an, um im Süden des Landes Infrastruktur aufzubauen. Dabei eigneten sich Militär und Siedler*innen auch Kulturgut der Mapuche an. Der Großteil der Mapuche-Sammlungen des Ethnologischen Museums ist in den Jahrzehnten nach der Besetzung des Gebiets erworben worden. Die Umstände, unter denen dies geschah, sind divers und häufig nicht dokumentiert, sie reichen von Tausch und Ankäufen bis hin zu Grabraub. Die ca. 600 Sammlungsobjekte im Ethnologischen Museum umfassen Silberschmuck, Reitzubehör, Kleidung sowie sensible rituelle Objekte.

Kollaborative Arbeit mit Mapuche

Im Mai 2025 kamen fünf Vertreter*innen der Mapuche nach Berlin: ein Anthropologe, eine Weberin, ein Silberschmied, eine Machi – spirituelle Führerin der Mapuche – sowie ihre Assistentin als spirituelle Unterstützung. Ziel des Kooperationsprojekts war es zu erfahren, wie Mapuche in der Gegenwart mit ihrem Wissen zu (im)materieller Kultur die Sammlungsbestände wahrnehmen und verstehen.

Der Besuch der Mapuche-Delegation im Museum war eine wertvolle Gelegenheit zum Wissensaustausch und zum direkten Kontakt mit den Objekten. Allerdings bedeutete er für die Mapuche auch eine Konfrontation mit der schmerzhaften Geschichte der Enteignung und Kolonialisierung ihres Territoriums. Die Objekte enthalten Informationen zu Herkunft, Verwendung, Techniken und spiritueller Dimension – Informationen, die in der Museumsdokumentation größtenteils fehlen, die aber Mapuche heute entziffern können, denn ihre materielle Kultur ist in den Teilnehmer*innen weiterhin lebendig und präsent. Die Berliner Sammlung ermöglicht die Rekonstruktion und Wiederbelebung von komplexem Wissen der Mapuche.
 

Projekt-Info

Region: Chile

Community: Mapuche

Kooperationspartner*innen: Nicolás Valenzuela Quintupil (Anthropologe),
Antonio Chihuaicura Chihuaicura (Lehrer für Mapudungun (Sprache der Mapuche), rutrafe (Silberschmied)), María Elena Huentuleo Quechupan (gürekafe (Weberin)), Patricia Huinca (machi, gürekafe (Weberin)), Gladis Sonia Huinca Blanco (zugumachife (spirituelle Unterstützerin der machi))

Projektleitung: Stefanie Schien

Forschung: Lena Steffens (Gastwissenschaftlerin), Carolina Bayer (Sammlungsverwaltung) Mira Dallige-Smith, Sebastian Kolberg, Peter Stauffer (Restaurierung)

Projektförderung: Ethnologisches Museum (Das Kollaborative Museum)

Projektlaufzeit: 11/2024 – 06/2025