Die Mapuche-Sammlungen im Ethnologischen Museum: (Be)Deutungen der Sammlungen in der Gegenwart

Folgende Themen gehören zu diesem Projekt

  • Sammlungsforschung
  • Gemeinschaftsbeteiligung

Im Ethnologischen Museum befinden sich Sammlungen der indigenen Gemeinschaft der Mapuche, größtenteils aus dem heutigen Chile, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts erworben wurden. In einem Kooperationsprojekt mit Vertreter*innen der Mapuche sollen nun die Bedeutungen der Sammlungen in der Gegenwart erfasst werden und welche Geschichten, Wissen und Praktiken mit den Objekten verbunden sind. Hierzu arbeitet das Museum mit Mapuche zusammen, die Expert*innen für ihre immaterielle und materielle Kultur sind.

Chemamull, Holzfiguren der Mapuche, ca. 1960, Araucanía, Chile.
Fotograf: Erwin Patzelt. VIII AmE 1113, Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin.

Historischer Kontext der Mapuche-Sammlungen

Auch die Provenienzen der Sammlungsbestände spielen eine Rolle für die Bedeutungen der Objekte in der Gegenwart. Im 19. Jahrhundert führten Chile und Argentinien eine brutale militärische Eroberung des Gebiets der Mapuche durch. Zudem warb der chilenische Staat europäische, insbesondere deutsche Siedler*innen an, um im Süden des Landes Infrastruktur und Industrie aufzubauen. Dabei eigneten sich Militär und Siedler*innen materielles Mapuche-Kulturgut an, das oft in museale Sammlungen eingegliedert wurde. Der Großteil der Mapuche-Sammlungen des Ethnologischen Museums ist in den Jahrzehnten nach der Besetzung des Gebiets und der Ankunft deutscher Siedler*innen erworben worden. Die Erwerbsumstände sind divers und häufig nicht dokumentiert, sie reichen von Tausch und Ankäufen bis hin zu Grabraub. Rezente Sammlungen aus dem 19. Jahrhundert stammen z. B. aus gezielten Ankäufen und Schenkungen.

Erfassung der Sammlungsbestände

Die ca. 600 Sammlungsobjekte umfassen Silberschmuck, Reitzubehör, Kleidung, Alltagsgegenstände sowie rituelle sensible Artefakte, die zwischen 1876 und 2011 vom Ethnologischen Museum erworben wurden. Eine der Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Sammlung ist die Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen und dem dokumentierten Sammlungsbestand: Standort, Maße und Fotografien vieler Objekte sind noch nicht in der digitalen Datenbank erfasst. Aus diesem Grund müssen die Objekte zunächst identifiziert und digitalisiert werden. Darüber hinaus sind die Objekte aufgrund der jahrzehntelangen Nutzung von Schädlingsbekämpfungsmitteln belastet. Daher erfordert der Umgang mit diesen Objekten die Verwendung von Schutzkleidung, Handschuhen und Masken.

Kollaborative Arbeit mit Mapuche in Berlin

Für Mai 2025 ist der Besuch von vier Vertreter*innen der Mapuche geplant: ein Anthropologe, eine Weberin, ein Silberschmied und eine Machi, spirituelle Führerin der Mapuche, werden mit den Sammlungen arbeiten. Ziel des Kooperationsprojekts ist es, gegenwärtige Perspektiven der Mapuche zu den Sammlungsbeständen mit ihrem Wissen zu (im)materieller Kultur kennenzulernen sowie einen Wissensaustausch zu fördern.

Projekt-Info

Region: Chile

Community: Mapuche

Kooperationspartner*innen: Nicolás Valenzuela Quintupil (Anthropologe), Antonio Chihuaicura Chihuaicura (Lehrer für Mapudungun (Sprache der Mapuche), Rutrafe (Silberschmied)), María Elena Huentuleo Quechupan (Gürekafe (Weberin)), Patricia Huinca (Machi, Gürekafe (Weberin))

Projektleitung: Stefanie Schien

Forschung: Lena Steffens (Gastwissenschaftlerin), Carolina Bayer (Sammlungsverwaltung), Mira Dallige-Smith, Sebastian Kolberg, Peter Stauffer (Restaurierung)

Projektförderung: Ethnologisches Museum (Das Kollaborative Museum)

Projektlaufzeit: 11/2024 – 06/2025